Techina, Araber und die Schwulen
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Al Arz Techina, Araber und die LGBT

Hauptfoto mit freundlicher Genehmigung von ACRI (The Association for Civil Rights in Israel) veröffentlicht.

Korrektorat: Marc Hermann-Cohen

Wie eine Geldspende für Aufsehen sorgt

Julia Zahar, Geschäftsführerin von Al Araz Techina, hat mit einer Geldspende viele Gemüter erzürnt. Sie, eine arabische Frau, hat im Namen ihrer Firma an die LGBT-Gemeinschaft (LGBT ist aus dem Englischen entlehnt und steht für lesbisch, schwul, bisexuell und transgender), Geld gespendet und den Zorn von so einigen Mitbürgern erfahren. Kisten von Techina wurden umgeschmissen, zurückgeschickt und auf den sozialen Medien wurde zu einem Boykott aufgerufen.

Julia Zahar ist eine beeindruckende Frau. Jahrzehntelang war sie, bis zum Tode ihres Mannes Schullehrerin. Als er 2003 aufgrund eines Herzinfarktes verstorben ist, hat sie das eher vernachlässigte Techina-Geschäft Al Arz auf Vordermann gebracht und zu einem erfolgreichen Unternehmen skaliert.

Was ist Techina?

Techina ist eine Sesamcreme, die als Basiszutat für Hummus (Kichererbsenpaste) genommen wird. Techina, dann und wann auch Tahini oder Tahin geschrieben, wird oft auch so verzehrt, indem man die Paste mit Wasser, Zitrone, Salz (eventuell Petersilie) vermischt und schon hat man einen köstlichen Brot – oder Pitaaufstrich.

טחינה techina
Die Nationalspeiße, die in der Regel alle vereinigt: Techina

Techina ist Teil des Bruttosozialprodukts

Al Arz, mit Sitz in der nördlichen Stadt Nazareth, ist einer der größten Techina-Hersteller Israels. Der beliebte Sesamaufstrich von Al Arz macht schätzungsweise ein Fünftel des verkauften Techinas des Landes aus.

Heute produzieren die inzwischen zwei Werke ihres Unternehmens satte 20 bis 25 Tonnen Techina pro Tag. Die dicke Paste, die aus äthiopischen Sesamsamen hergestellt wird, ist in Supermärkten und Restaurants in Israel nahezu allgegenwärtig und wird in 18 Länder, einschließlich die USA, exportiert.

Frau Zaher, ist zu einer der erfolgreichen Geschäftsfrau emporgestiegen, die nicht nur eine große arabische Firma führt, was wiederum ein rares Bild ist, sondern gehört zu einer der Top-50 Geschäftsleute in Israel.

Eine anfänglich harmlose Geldspende

Die Firma hat am 1.6.2020 öffentlich bekannt gegeben, den LGBT-Verband namens Aguda, finanziell zu unterstützen, damit diese eine Krisen-Hotline für arabisch sprechende Jugendliche in Not einrichten können. Die Höhe der Spendensumme ist nicht bekannt, aber Agudas Geschäftsführer Ohad Hizki gibt an, dass es sich um eine erhebliche Summe handele.

Julia Zaher hat sich nicht viel gedacht, außer, dass sie Menschen, die für ihre Rechte kämpfen müssen, eine Spende wohl verdient haben.

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Hier ein Foto aus einem israelischen Supermarkt aus der Techina-Abteilung, wo die Al Arz Techina ausgegangen ist, nicht weil sie vom Supermarkt boykottiert wurde, sondern weil die Kunden aus diesem Supermarkt die Firma mit einem Kauf unterstützen.

Das Foto durften wir mit freundlicher Genehmigung von Gali Ofer veröffentlichen. Während der Korrespondenz mit ihm hat sich herausgestellt, dass er nicht nur Geschäftsführer eines Sportclubs für LGBTs ist, sondern auch einer der Geschäftsführer von einer LGBT – Organisation. Interessanterweise ist seine Familie ursprünglich aus Bad Lausick, in der Nähe aus Leipzig, jedoch sind sie schon seit drei Generationen in Israel.

Die Reaktionen auf die Geldspende

Viele haben das anders gesehen. Es gab Aufrufe, oft von religiösen Führern aus der arabischen Gemeinschaft, die zum Boykott von Al Arz Techina aufgefordert haben und das Produkt als Charam bezeichnet und dementsprechend zum Tabu erklärt haben. Angesichts der harten Aufrufe aus der Gemeinde oft gegen Gemeindemitglieder, ist eine solche Geldspende keine triviale Angelegenheit. Worte gegen Ladenbesitzer sind gefallen, die nach wie vor Al Arz Techina verkauft haben, wie z.B. „Wir haben gehört, ihr unterstützt Schwule, wir schämen uns! Nun zu, verkauft Tahini an Schwule!“

Es gab auch viele Befürworter aus der arabischen Gemeinschaft, die die Firma unterstützt und den Zwiespalt in der Gemeinschaft verdeutlichen. Vieles hat sich auch auf den sozialen Netzwerken ereignet. Hier zum Beispiel Knessetmitglied und Anwältin Aida Touma-Sliman aus Akko, die Al Arz untertützt:

Tweet auf Twitter von Knessetmitglied Aida Tourma-Silman.
Sinngemäß übersetzt: „Ich habe eben mit Julia Zaher gesprochen und ihr gesagt, dass ich sie für ihren Mut bewundere…..Ich flehe euch an: Kauft Al Arz Techina und kämpft gegen das Charam an!“

Die Stellungnahme von Al Arz

Die Firma konterte auf die Boykottaufrufe und Hetze wie folgt:

Wir von der Familie Al Arz Tahini lieben Menschen und akzeptieren alle Religionen, Geschlechter und Hautfarben. Essen bringt Menschen zusammen. Und wir auch. Wir werden weiterhin offen für alle sein und versuchen Leute, die benachteiligt sind – egal wie, zu unterstützen.“

Julia Zaher, Geschäftsführerin von Al Arz Techina
Julia Zaher (Foto von Wikimedia Commons)

Leah hat 2004 Alijah gemacht. In Deutschland war sie Regieassistentin am Münchener Residenztheater für Dieter Dorn tätig, am Berliner Ensemble und den Salzburger Festspielen von Claus Peyman engagiert.
Seit sie in Israel ist, beschäftigt sie sich mit Content und Community Management für High Tech Firmen.

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[…] Erschienen bei: Re:Levant, 20.07.2020 […]

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